Der Pflichtteil garantiert Ihren Abkömmlingen, Eltern und Ihrem Ehegatten im Falle der Enterbung, dass sie anstelle der vollen Erbberechtigung jedenfalls einen Geldbetrag erhalten, der der Hälfte des gesetzlichen Erbteils entspricht. Im Falle ihrer Enterbung können Kinder, Eltern und Ehegatten also Ansprüche auf Geld erheben, um so eine Beteiligung am Nachlass zu erreichen.
Die Pflichtteilsquote entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Wie funktioniert der Pflichtteil?
Ein vereinfachtes Beispiel:
Der Vater Lukas P. hat zwei Kinder, Lisa und Stefan. In seinem Testament legt Lukas fest, dass seine Tochter Lisa alleinige Erbin seines Nachlasses von 100.000 € wird und Stefan nichts bekommen soll. Jetzt verstirbt Lukas; sein Testament ist wirksam und kann nicht angefochten werden.
Da der enterbte Sohn Stefan ohne das Testament gesetzlicher Erbe geworden wäre, kann er nun seinen Pflichtteil verlangen – und zwar in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Da seine Erbquote ½ Anteil beträgt, beläuft sich die Pflichtteilsquote auf ¼. Stefan kann von seiner Schwester Lisa als Erbin also die Zahlung eines Pflichtteils in Höhe von 25.000,00 € verlangen. Von den 100.000 €, die den Nachlass bilden, erhält die Alleinerbin Lisa also 75.000 €, während Stefan trotz Enterbung noch einen Anspruch auf 25.000 € hat.
Der Pflichtteilsanspruch muss vom Berechtigten aktiv eingefordert werden und verjährt nach 3 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres zu laufen, in welchem der Sterbefall passiert ist. Wenn Lukas P. am 01.04.2022 verstorben ist, beginnt die Verjährung am 31.12.2022 zu laufen und endet am 31.12.2025.
Warum existiert der Pflichtteil?
Der Pflichtteil ist in § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Vom Pflichtteil profitieren nur Abkömmlinge, Eltern und Ehegatten. Alle anderen gesetzlichen Erben (Geschwister, Onkel, Tante etc.) sind nicht pflichtteilberechtigt. Es wird deutlich, dass das Gesetz wenigstens eine gewisse Teilhabe der nächsten Angehörigen am Nachlass sicherstellen möchte.
Nur unter besonderen Umständen kann das Recht auf den Pflichtteil eines Nachlasses entzogen werden. Das ist etwa dann möglich, wenn absehbar ist, dass der Geldbetrag verwendet werden würde, um sich selbst zu schädigen (Drogenkonsum).
Teilhabe am Nachlass trotz Enterbung – im Zweifel fragen Sie Ihren Rechtsanwalt
Wenn Sie als Abkömmling, Elternteil oder Ehegatte enterbt wurden, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie dennoch Anspruch auf einen Teil des Nachlasses haben. Es empfiehlt sich in diesem Fall, die Situation mit Ihrem Anwalt zu besprechen, damit dieser die für Sie geltenden Ansprüche einfordern kann. Dabei kommt es auf die individuelle Familienkonstellation und den jeweiligen Testamentsinhalt an.
Daher empfiehlt sich ein persönliches Gespräch, um Ihre individuelle Situation genauer beurteilen zu können. Vereinbaren Sie dazu gerne einen Termin mit unserer Kanzlei in Bocholt.