Beispiel: Im Nachlass befindet sich eine Immobilie, die verkauft werden soll. – Sind mehrere Miterben (Erbengemeinschaft) vorhanden, die zerstritten sind, stellt sich die Frage, wie wegen der Verteilung des Kaufpreises zu verfahren ist. Oftmals erheben einzelne Miterben gegenüber dem Käufer Anspruch auf direkte Zahlung „ihres Anteils“ an sich.
Grundsatz: Leistung an die Erbengemeinschaft
Da der Kaufpreisanspruch zum Nachlass gehört, kann der Käufer nach § 2039 BGB nur an alle Erben gemeinschaftlich leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Anschließend muss sich die Erbengemeinschaft insgesamt auseinandersetzen, wozu es drei Möglichkeiten gibt:
- die schuldrechtliche Erbauseinandersetzungsvereinbarung (Teilungsplan)
- die Erbanteilsübertragung nach § 2033 BGB oder
- das einvernehmliche Ausscheiden eines Erben aus der Erbengemeinschaft durch sogenannte Abschichtung
Können sich die Erben über die Auseinandersetzung nicht einigen, kann diese nur gerichtlich erzwungen werden. Dabei ist der Anspruch eines Miterben jedoch nicht auf „Auszahlung des Erbanteils gerichtet“, sondern auf Zustimmung zu einem bestimmten Teilungsplan.
Ausnahme: Leistung an einen Miterben nimmt Auseinandersetzung vorweg („Quasiauseinandersetzung“)
Fraglich ist, ob ein Miterbe auch Zahlung des auf ihn entfallenden Anteils am Kaufpreis unmittelbar an sich selbst verlangen kann. Dies ist ausnahmsweise nur dann der Fall, wenn hiermit die Erbauseinandersetzung in zulässiger Weise vorweggenommen wird, da eine Leistung zunächst an die Erbengemeinschaft „reiner Formalismus“ wäre, wenn die Erbringung der Leistung direkt an den Miterben nur das Ergebnis der zulässigen Teilauseinandersetzung hinsichtlich dieser Nachlassforderung vorwegnähme (BGH, MDR 1963, 578; OLG München, FamRZ 2020, 2046).
Entspricht im obigen Beispielsfall der Anteil am erzielten Kaufpreis ohnehin nur dem Anteil, der dem Miterben sowieso bei der endgültigen Auseinandersetzung zufällen würde, kann dieser ausnahmsweise direkt verlangt werden, ohne den unnötigen Umweg über die Erbengemeinschaft zu gehen.
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