Pflichtteil bei Immobilien: Wie Häuser und Wohnungen bewertet werden

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Einleitung

Immobilien machen in vielen Nachlässen den größten Vermögensanteil aus – und genau dort entstehen oft die größten Streitigkeiten. Wenn Kinder oder Ehepartner enterbt wurden, stellt sich die Frage: Wie wird der Pflichtteil berechnet, wenn der Nachlass hauptsächlich aus einer Immobilie besteht?

Dieser Beitrag erklärt, wie der Immobilienwert beim Pflichtteil ermittelt wird, wer das Gutachten bezahlt und worauf Pflichtteilsberechtigte besonders achten sollten.

Wie wird der Pflichtteil bei Immobilien berechnet?

Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch, kein Anspruch auf die Immobilie selbst. Er bemisst sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses, also auch dem Verkehrswert der Immobilie.

Die Formel lautet:
Pflichtteil = ½ des gesetzlichen Erbteils × Nachlasswert

Beispiel:
Ein Vater hinterlässt eine Tochter und einen Sohn.
Er enterbt die Tochter und setzt den Sohn zum Alleinerben ein.
Im Nachlass befindet sich:
• Haus im Wert von 400.000 €
• Bargeld: 50.000 €

Gesamtnachlass = 450.000 €
Gesetzlicher Erbteil der Tochter wäre ½ → Pflichtteil = ¼ → 112.500 €

Der Pflichtteil wird also in Geld berechnet, nicht in Grundstücksanteilen.

Wer bestimmt den Immobilienwert?

Der Erbe ist verpflichtet, dem Pflichtteilsberechtigten Auskunft über den Nachlass zu erteilen – einschließlich des Immobilienwerts.

Der Berechtigte hat außerdem Anspruch auf:
• Vorlage von Grundbuchauszug, Kaufverträgen, Gutachten usw.
• Sachverständigengutachten, wenn der Immobilienwert streitig ist (§ 2314 BGB).

Das bedeutet: Wenn der Erbe nur einen „geschätzten“ Wert nennt, muss der Pflichtteilsberechtigte das nicht akzeptieren. Er darf ein Gutachten verlangen.

Tipp: Ein neutrales Verkehrswertgutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen ist die rechtssicherste Grundlage für die Berechnung.

Welche Bewertungsmethoden sind zulässig?

Bei der Immobilienbewertung werden unterschiedliche Verfahren genutzt, je nach Art der Immobilie:
• Vergleichswertverfahren (für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser)
• Ertragswertverfahren (für vermietete Immobilien – maßgeblich sind Mieterträge, Restnutzungsdauer und Liegenschaftszins)
• Sachwertverfahren (für Spezialimmobilien oder wenn keine Vergleichswerte existieren – Kombination aus Bodenwert und Bauwert)

Wichtig: Online-Bewertungen oder Schätzportale liefern keine verlässliche Grundlage für Pflichtteilsansprüche – sie ersetzen kein Gutachten.

Schenkungen und Pflichtteilsergänzung bei Immobilien

Häufig werden Immobilien schon zu Lebzeiten übertragen – etwa an eines der Kinder.
Doch das bedeutet nicht, dass die anderen leer ausgehen.

Wenn ein Erblasser sein Haus verschenkt, gilt der Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB):
Die Schenkung wird fiktiv dem Nachlass zugerechnet – allerdings mit einem sogenannten Abschmelzungsmodell.
• 1 Jahr vor Tod → 100 % werden berücksichtigt
• 2 Jahre vor Tod → 90 %
• 3 Jahre vor Tod → 80 %
• Nach 10 Jahren → keine Anrechnung mehr

Beispiel:
Das Haus wurde 5 Jahre vor dem Tod verschenkt (Wert: 300.000 €).
→ 50 % = 150.000 € werden dem Nachlass hinzugerechnet.

Hinweis: Das Abschmelzungsprinzip gilt nicht, wenn die Immobilie unter Vorbehalt des Nießbrauchs verschenkt wurde.

Wie Pflichtteilsberechtigte ihren Anspruch sichern können

Damit Pflichtteilsansprüche nicht verloren gehen, sollten Betroffene frühzeitig aktiv werden:
1. Auskunft verlangen über den gesamten Nachlass inkl. Immobilienwerte.
2. Nachweis der Bewertung (Gutachten oder Belege) einfordern.
3. Pflichtteil berechnen oder berechnen lassen.
4. Anspruch innerhalb von 3 Jahren geltend machen.

Wenn sich der Erbe weigert, korrekte Angaben zu machen, kann der Pflichtteilsberechtigte den Anspruch gerichtlich durchsetzen.

FAQ zum Pflichtteil bei Immobilien

Muss der Pflichtteil bei Immobilien immer ausgezahlt werden?

Ja. Der Pflichtteil ist ein reiner Geldanspruch – der Pflichtteilsberechtigte erhält also keinen Anteil am Haus, sondern den entsprechenden Wertanteil in Geld.

Wer bestimmt, wie viel die Immobilie wert ist?

Ja. Der Pflichtteil ist ein reiner Geldanspruch – der Pflichtteilsberechtigte erhält also keinen Anteil am Haus, sondern den entsprechenden Wertanteil in Geld.

Was passiert, wenn die Immobilie verschenkt wurde?

Wenn der Erblasser die Immobilie zu Lebzeiten verschenkt hat, kann das den Pflichtteil erhöhen.
Hier greift der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) – je nach Zeitpunkt der Schenkung wird ein prozentualer Anteil des Immobilienwerts hinzugerechnet (10-Jahres-Abschmelzung).

Fazit

Der Pflichtteil bei Immobilien ist juristisch und rechnerisch oft komplex – gerade wenn der Nachlass fast ausschließlich aus einem Haus besteht.
Entscheidend ist der korrekte Verkehrswert, nicht eine grobe Schätzung.

Pflichtteilsberechtigte sollten sich daher nicht mit pauschalen Angaben zufriedengeben, sondern ihren Anspruch auf Grundlage eines Gutachtens prüfen lassen. Ein im Erbrecht erfahrener Anwalt kann helfen, Auskunftsansprüche durchzusetzen und die Pflichtteilshöhe exakt zu berechnen.

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